- 317 genialen V rchlicky den aufrichtigsten Beifall, der sich schnell in direkten Einflufs umwandelte. Doch ist Vrchlicky nicht bei den Italienern und Franzosen stehen geblieben: Calderon, Camoens, Verdaguer; Byron, Shelley und die meisten englischen Poeten des Victoria-Zeitalters; Whitman, Poe; Goethe, Schiller, Hamerling, Lingg, K. F. Meyer sind hinzugekommen; ja auch slawische Dichter wie Mickiewicz fehlen nicht in diesem grofsartigen Maskenzuge, in dem sich Goethes stolze Losung der Weltlitteratur so wunderbar verkörpert. Nicht alle Übersetzungen Vrchlickys sind gleich gelungen und gleichwertig: die Spätromantiker und Verbalisten, die farbenreich~n Epiker der Renaissance aus dem Cinquecento und die sensualistischen Dichter der Liebe und des Genusses liegen ihm allerdings am nächsten; seine Übersetzungen von Tasso, Camoens und Hugo bleiben wohl unübertroffen. Neben der modernen Litteratur hat auch die Antike Vrchlicky beeinflufst; doch in seinem Verhältnisse zu dem Griechentum - die Römer kommen bei V rchlicky kaum in Betracht -- begegnet man abermals einem inneren Widerspruche. Man mufs nämlich bei ihm zwei entgegengesetzte Auffassungen der Antike genau unterscheiden. Einmal ist er ein strenger, goethisch gesinnter Hellenist , der die Götter Griechenlands in ihrer edlen Einfalt und stillen Gröfse wieder zu erwecken strebt, und dessen Träume dem Zeitalter entgegen fliegen, "WO die Götter menschlicher noch waren und die Menschen göttlicher«; wir können uns nur freuen, dafs die Mehrzahl von V rchlickys antikisierenden Gedichten und Dramen in diesem Geiste gehalten ist. An der Grenze der achtziger und neunziger Ja,hre machte sich aber bei Vrchlickj- eine entgegengesetzte Auffassung der Antike geltend, für die er in seiner Gedichtsammlung "Fresken und Gobelins« (1890) die treffende Bezeichnung »Hellas im Rokokogewand« geprägt hat. Die griechische Mythologie wird da zu einem bunten. anmutigen, bisweilen auch frivolen Mummensch~nz, wo die lustige, leichtsinnige, adelige Gesellschaft, wie sie Crebillon und Wieland besangen und Fragonard malte, sich in die Kostüme des göttlichen Olymp gekleidet. Kennt man diese Vorbedingungen von V rchlickys poetischem Wesen, so kann man sich schon eher in diesem Labyrinth seines Lebenswerkes orientieren. Sein Lebenswerk wächst von Jahr