- 279 mals den Grundstock der cechischen Prosa. Nur die frischen idyllisch realistischen Erzählungen aus dem Volksleben von B. Nemcova bildeten in dieser tristen Öde eine lobenswerte Ausnahme: doch auch in ihnen fand die neue, feurige Generation nur einen allzu engen Ideenkreis , einen unbedeutenden Lebensausschnitt, eine idyllische, primitive Auffassung, wenn auch die Schriftstellerin den modernen Tendenzen nicht unzugänglich gewesen war. Die Forderungen, welche die neue Schule an die Prosa stellte, lauteten dagegen: Modernes Leben! Fortschrittliche Tendenzen! Streben nach Einheit der Kunst und der Wirklichkeit! Freie Lebensanschauung ! Soziale Kunst! Energisches Eingreifen in die Tageskämpfe ! Schöne Tat! Da jedoch keiner der Vorgänger diesem Programm, das durchweg von dem jungen Deutschland übernommen war, entsprach, mufste man sich zuerst mit fremden Vorbildern bequemen. Neben den jungdeutschen Prosaikern, die man eifrig, aber kunstlos nachahmte, übte vorzüglich George Sand einen ungeheueren Einflufs aus. Als sie in Böhmen allerlei Dokumente zu ihrem Roman >Consueloc und >Der Gräfin von Rudolstadh sammelte, lernte sie einen geistreichen und feingebildeten Kunstkenner und Kritiker, den berühmten Arzt J. R. Cejka kennen; dieser wurde nicht nur zu ihrem Begleiter, sondern dann auch zu ihrem Apostel in Böhmen. Seine Freundin Bozena Nemcova wufste er zwar nicht zu bewegen, die Bahnen George Sands zu betreten; bald fand er aber in den zwei Schwestern Rott, die später als Karolina Svetla und Sofie Podlipska in der Litteratur bekannt wurden, treue Anhängerinnen und Schülerinnen seiner berühmten französischen Freundin. Die Jugend von Karo lina SvetIa (1830-1899) wurde von einem doppelten mächtigen Einflufs bestimmt, dem des Prager Milieus und dem der böhmischen nationalen 'Wiedergeburt. Sie stammte aus einer angesehenen, altertümlichen Familie, die in einer originellen Ufergasse der malerischen Prager Altstadt ansässig war und treu an den Traditionen der halbdeutschen bigotten Bürgerschaft hing; so lernte K. Svetla ein ganz anderes Prag als z. B. Neruda kennen: das stolze, dustere, historische Prag mit der ganzen Tragik der Gegenreformation, sowie mit den romanhaft verwickelten Familienverhältnissen der vermögenden und sittenlosen Bourgeoisie und