- 438 natur leidenschaftliche Liebestragödien umgibt; im Hintergrunde dieser Wald- und Liebesromantik erhebt sich aber die das Ganze vereinigende Gestalt eines erhabenen Weisen im Priestergewande, welche die höchsten und teuersten Grundsätze der Ethik, wie sie im Herzen der Dichterin nach Erlösung schreien, verkörpert. Dieser lebensbejahende, erzieherische Zug ist manchen Arbeiten eigen, die Rüzena Svobodova in der letzten Zeit veröffentlicht hat: neben der zarten und unschuldigen Wald- und Kinderidylle ~Pokojny düm« (»Das stille Haus«, 1910) gehören besonders ihre feinen, manchmal tief symbolischen Erzählungen für die Jugend zu dieser idealistischen Gruppe; öfters verwertet sie in denselben ihre Erinnerungen aus der schönen, südmährischen Heimat, wo sie in der. Nähe von Znaim geboren wurde. In den späteren Werken der Frau RliZena Svobodova hat die moderne Erzählungskunst Böhmens ihren Gipfel erreicht. Wohl weisen einzelne Bücher, besonders diejenigen, wo sich die Schriftstellerin der breiten Form des Romans bedient, manche künstlerischen Schwächen auf: die Lust am Fabulieren und psychologischem Experimentieren überwiegt zu stark die Kraft der strammen und übersichtlichen Komposition; das allzu ängstliche Haften am Modell und die übertrieben ausführliche Milieuschilderung stören manchmal die Illusion; die männlichen Charaktere werden oft nur verschwommen und flüchtig gezeichnet. Aber ein großer, bewundernswerter Zug ist ihrem Lebenswerke eigen; ich meine die Folgerichtigkeit, die Gesetzmäßigkeit der Entwicklung, die das Ganze verbindet und die für die neuere cechische Prosa als vorbildlich angesehen werden darf. Eine ganze Schar von Schriftstellerinnen sammelt sich um diese Künstlerin, wie im cechischen Schrifttum die Frauen seit Bozena Nemcova und Karolina Svetla überhaupt eine wichtige Rolle spielen. Es sind starke Temperamente, vorzügliche Beobachterinnen, kluge und mutige Naturen unter diesen schriftstellernden Damen; aber jener Fülle der Entwicklung nach darf es keine von ihnen mit Rüzena Svobodova aufnehmen. Da ist die männliche Natur mit dem männlichen Decknamen J i r i Sumin (eigentlich Anna Vrbova, geb. 1864), eine streng sachliche und derb objektive Jüngerin der realistischen Schule; in ihren düsteren und oft peinlichen Bildern, wo große Leidenschaften und tragische Geschicke ganz fehlen, zeigt die aus