- 430 erkämpft, denn für diesen schneidigen Polemiker gilt das tapfere Wort: vivere est militare. Der Streiter hat dennoch den Poeten keineswegs erdrückt; vielmehr sucht sich dieser neue Entwicklungsmöglichkeiten. In der modernen cechischen Lyrik, die, von Sova abgesehen, ein unmittelbares Verhältnis zur freien Natur verloren zu haben scheint, bildet ein Buch wie Neumanns letzte Sammlung />Hrst kvetu z ruznych saison" (»Eine Handvoll Blüten aus verschiedenen Jahrgängen«, 1907) eine wohltuende Ausnahme: hier lauscht ein freier Mensch dem Rauschen der Wälder, hier trinkt sein gieriger Mund den Tau aus den Blüten, hier singt sein junges Herz im Wechselgesange mit den Vögeln von der süßen Gewohnheit des Daseins und Wirkens. Die beiden befreundeten Lyriker Otokar Theer und Jan z W ojkowicz verbinden in ihren formvollendeten Gedichten eine ungemein feine Sensibilität mit einem nach Weltgeheimnissen lechzenden Intellekt. 0 t 0 kar T h e e r (geb. 1880) ist entschieden der kräftigere von beiden ; in seiner grausam wollüstigen Seele sehnt er sich nach kühnen Experimenten mit Ideen, Sensationen und raffinierten Erlebnissen und gelangt nach all diesen, manchmal recht schmerzvollen »Heerfahrten nach dem Ich~ (/> Vypravy k Ja«, 1900), deren Erlebnisse er mit südlich üppiger Farbenpracht und sehr origineller Verskunst beschrieben hat, endlich zu der düsteren, gespensterhaften Burg der ewigen Illusion. Nach zwölfjährigem Reifwerden gab er sein neues Buch heraus /> Uzkosti a nadeje~ (/>Ängste und Hoffnungen~, 1911). Aus dem wollüstigen Sensualisten ist er ein entschiedener Idealist, aus dem launenhaften und eigensinnigen Liebhaber ein tragischer Ethiker der Liebe, aus dem anempfindenden Naturschwärmer ein spekulativer Deuter der Elemente geworden. Er ist stets bestrebt, das U rwesen der Erscheinungen, das Grundgesetz der Weltgeschehnisse zu erfassen; dabei schafft er sich auch innere Ausdrucksform für seine Erlebnisse und drückt den freien Rhythmen seiner kunstvoll aufgebauten Gedichte den feurigen Stempel seiner Persönlichkeit auf. Sein Freund Jan z Wojkowicz (geb. 1880), ein knabenhafter, mimosenartiger und schmachtender Melancholiker, der besonders die reichen Halbtöne und die zarten Nuancen der Frühlingslandschaft und der Herbstnatur zu treffen weiß, hat sich, in den Spuren des ihm wahlverwandten Novalis wandelnd, eine ganz seltsame pantheistische Kosmologie, eine naive und