- 404 Gegenwärtig zehrt die Sprachwissenschaft in Böhmen von dem großen Vermächtnisse Gebauers: altböhmische Sprachdenkmäler werden gründlich studiert und herausgegeben; die älteren Phasen der Sprache werden untersucht und deskriptiv behandelt; die Erforschung der Mundarten, die Bartos so eifrig gepflegt hat, liegt zurzeit brach. In der allerletzten Zeit trifft die »Cechisehe Akademie« Anstalten zu einem groß angelegten »thesaurus linguae bohemicae«, welcher besonders die lebendige Sprache und den Wortschatz der neueren Schriftsteller erscMpfend bearbeiten will. Die führende Rolle bei diesem monumentalen Unternehmen fällt den beiden Sprachforschern an der ce chis ehen Universität zu: dem Slawisten aus der Jagic-Schule Frantisek Pastrnek (geb. 1853) und dem tiefsinnigep. Meister der vergleichenden Methode J 0 s e f Zu bat y (geb. 1855). Die jüngsten Philologen behandeln mit Vorliebe die heiklen Probleme der Phonetik und bewegen sich gern auf dem verlockenden Gebiete der vergleichenden Sprachwissenschaft. Nach dem großen Handschriftenstreite ist Gebauer, der früher auch litterarische Forschungen trieb, nicht mehr dazu gekommen, die Ergebnisse der neuen wissenschaftlichen Anschauung litterarhistorisch zu verwerten und eine planmäßige Revision der altböhmischen Litteratur durchzuführen; diese ebenso verlockende als schwierige Aufgabe ist seinen Schülern zugefallen. Die meisten .Forscher behandeln einzelne Perioden des älteren Schrifttums ganz monographisch; bei einigen war die Analyse der Litteraturdenkmäler nur eine Vorstufe zur Erforschung des historischen Zusammenhanges: die kamen meitsens aus der Schule Jaroslav GoUs her. So verdanken wir dem strengen Philologen An ton f n Ha v I f k (geb. 1855) vorzügliche Untersuchungen tiber die Anfänge der altcechischen Dichtung; einem anderen Schüler und Fortsetzer Gebauers, Emil SmeHnka (geb. 1875) Spezialarbeiten über den Ahnherrn der Brüderunität ChelcickY. So hat der aufschlußreiche, kundige, aber flüchtige Vielschreiber Vaclav Flajshans (geb.1866) sowie der gründliche und nüchterne Historiker V a c I a v N ovotny (geb. 1869) das verwickelte Schrifttum des Hussitentums untersucht; die spätere Periode der religiösen Litteratur in Böhmen wird durch den sehr soliden Geschichtsforscher KamiI Krofta (geb. 1876) geprüft und dargestellt. Das ge-