- 401 in dem Agrarministerium geltend; stets war sein Augenmerk auf die volkswirtschaftliche Hebung und Aufklärung der cechischen Nation gerichtet. Im Gegensatze zu diesem aktuellen Politiker beschäftigte sich Bohus Rieger (1857-1907), ein Enkel Palackjs, Historiker und Rechtsgelehrter zugleich, planmäßig mit der Erforschung der Vergangenheit; besonders zog seinen klaren und ruhigen Geist die Geschichte des böhmischen Staatsrechtes an. Im Jahre 1890 wurde durch reiche Stiftungen des bekannten Mäcen Josef Hlavka die »Cechische Akademie für Wissenschaft, Litteratur und Kunst« gegründet, die sich bald als ein festes Bollwerk des wissenschaftlichen Traditionalismus und des gelehrten Konservativismus zeigte. Auch in der Litteratur, die hier ebenfalls gepflegt wird, vertrat sie den streng offiziellen und hoch konservativen Standpunkt, so daß ihr inneres Leben einem neuen Daudet als vorzüglicher Vorwurf für einen neuen »Immortel ~ dienen könnte; erst in der allerletzten Zeit dringen in ihrer Tätigkeit auch fortschrittlichere wissenschaftliche Tendenzen durch. Will man also die litterarischen Verhältnisse in Böhmen in den neunziger Jahren verstehen, so darf man keineswegs die komplizierte Entwicklung der gleichzeitigen cechischen Kritik und litterarischen Polemik unberücksichtigt lassen. Während in der unmittelbar vorangehenden Zeit der Kritik eine ganz untergeordnete Stellung außerhalb des dichterischen Schaffens angewiesen worden ist, hat sie sich in dieser Periode die führende Macht ertrotzt und erkämpft. In den achtziger Jahren machte sich Sv. Cech über die Kritiker in witziger und anmutiger Weise lustig, und J. Vrchlickj, trotzdem er selbst wertvolle kritische Studien veröffentlichte, ließ fast in jeder seiner Gedichtsammlungen Aussprüche drucken, die dem üblen Goethewort »schlagt ihn tot, den Hund, es ist ein Rezensentc an Heftigkeit und Verachtung kaum nachstehen. Jetzt dagegen wurde der führende Dichter J. S. Machar selbst zum Kritiker, und keiner von den Litteraten war so einflußreich wie der scharfsinnige Kritiker F. X. Salda. Auch in dem modemen cechischen Zeitungswesen darf der Einfluß der kritischen Bewegung nicht in Abrede gestellt werden. Die neueren Journalisten stellen sich auf den Standpunkt der kritischen Prüfung des gesamten Nationallebens, sie gehen der überflüssigen Begeisterung aus dem Wege, ]akubec-Novak, Cechische Litteratur. 26