- 392 Doch weder Svobodas feiner Natursinn noch seine innige Liebe zum Landvolke ist bei Simacek zu finden; er gibt sich vielmehr als moderner Großstadtmensch. Simacek, ein ehemaliger Zuckerfabrikbeamter, wurde durch seine vortrefflich beobachteten Bilder aus dem Leben der Zuckerfabrikarbeiter und -beamten, wel~he der cechischen Prosa ein neues Gebiet erschlossen haben, berühmt, auch sind z. B. seine Erzählungen »U fezaceh (Bei der Schneidemaschine~, 1888) und »Duse tovarnyc (>Die Seele der Fabrik~, 1884) sehr lebendige, frische Werke. Nachdem er dann in einem ziemlich trostlosen Roman aus derselben Lebensspäre, »Otec" (»Der Vaten, 1891, deutsch von E. Vacano), das Dostojevskij-Problem von Schuld und Sühne verarbeitet hatte, suchte er nach einem neuen Stoffgebiete, einem neuen Milieu, wobei er ebenso seine bemerkenswerte Begabung für das moderne Gesellschaftsstudium wie einen nahezu peinlichen Mangel an Phantasie und dichterischer Weihe erwies. In seinen fünfbändigen »Zapisky phil. stud. Filipa KoNnkac (»Aufzeichnungen des phil. stud. Philipp KoNnekc 1892-1896), hat er den glücklich gewählten Rahmen der Lebenserinnerungen eines philosophisch beanlagten Hauslehrers benutzt, um eine sentimentale Pathologie des Prager Bürgertums zu geben, und um seine manchmal spießbürgerlichen Anschauungen über Liebe und Ehe, Gesellschaft und Nationalfrage sauber und gemeinverständlich klarzulegen. Er wurde dann in einer unerträglich süßen Novelle zum Anwalte der verführten Dienstmädchen, in einer faden, inhaltsleeren Erzählung wiederum zum Beichtvater der jungen weltunerfahrenen Lehrerinnen; verhältnismäßig spät hat er sein allereigenstes Gebiet der großen sozialen Romane gefunden, welche nach russischen Mustern psychologische Analyse mit gesellschaftlicher Pathologie verquicken. Seine »Svetla minulosti" (»Irrlichter der Vergangenheit", 1901), »Lacna srdce" (»Hungernde Herzen", 1904) und» Chci zit ! ~ (» Leben will ich ~, 1908) lassen, was die realistische Milieuschilderung, die analytische Ergründung der seelischen Probleme, die psychologische Untersuchung aller mitbestimmenden Faktoren betrifft, nichts zu wünschen übrig. Schmerzhafte und schwere Konflikte, in die fessellose Leidenschaften mit der öffentlichen Moral geraten, führt hier Simacek vor; doch wo er tragische Wirkungen beabsichtigt, bietet er nur peinliche Situationen; wo er philosophische Erklärungen zu geben glaubt, legt er nur einen