- 362 Finsternis mit feurigen Lettern das schreckliche Wort: Ni c h t s ; je mehr der Dichter zum Mann reifte, desto mehr erkannte er, daß in der Evolution der Menschheit der Einzelne auch mit seiner glühenden Sehnsucht rtach Genuß und Ewigkeit ein bloßes Sandkörniein ist ... aber die Hoffnung auf Erlösung der Menschheit durch allmählichen Fortschritt, der auf den Schultern der Genie ruht, hat er nicht verloren: wie Victor Hugo, glaubte er an das ewige Erbarmen und die ewige Gerechtigkeit. Darin liegt die große kosmische Bejahung der gesamten Poesie Vrchlickys. An die kontemplative Lyrik schließt sich Vrchlickys Epik, die im Jahre 1876 durch seine »Epicke basne« (»Epischen Gedichte«) begann und dann in den »Nove epicke basne< (»Neue epische Gedichte<, 1880), »Mythen" (1879 und 1880, zwei Bände) »Stare zvesti" (»Alte Mären", 1883), »Perspektiven" (1884), »Zlomky epopeje« (»Bruchstücke der Epopöe«, 1886 und 1894, zwei Bände), »Fresken und Gobelins" (1890), »Bozi a lide« (»Götter und Menschen«, 1899) und» Votivtafeln« (1902) fortgesetzt wurde. Echte epische Objektivität ist hier selten: fast immer betrachtet V rchlicky die Sage und die Geschichte, die Legende und den Mythus durch das Medium des philosophischen Gedankens aus dem 19. Jahrhundert; immer knüpft er an jeden epischen Stoff seine weitschweifige Reflexion, belebt auch das kleinste Bruchstück der Weltgeschichte durch tiefsinnige Meditationen, die einen allzu bunten, vom pantheistischen Materialismus bis zum Cousinschen Idealismus schweifenden Eklektizismus verraten. So entstand diejenige Gattung von Vrchlickys Epik, die er »Bruchstücke der Epopöe« genannt hat, und die von Victor Hugos >Legendes des siecles« ihr Vorbild, von Dantes' >Göttlicher Komödie« und von Goethes »Faust" ihre höhere Inspiration empfangen hat: hier findet sich dieselbe grandiose Vermischung des Hymnischen und des Chronikartigen, der Allegorie und des Heldengedichtes, dieselbe ungeheuere Verschmelzung der visionären und der rhetorischen Kunst. Vrchlicky hätte es nicht schöner symbolisieren können als in den» Vier Stimmen", dem Prolog zu den »Neuen Bruchstücken der Epopöe«. Zum einsamen Dichter gelangen in seinem nächtlichen Sinnen die Töne von vier Stimmen; vier Weltgegenden: der Osten, Süden, Norden, Westen, singen ihm von ihren Helden, ihren Kulturen, ihren moralischen Kräften und in einer Vision von apokalyptischer