- 294 außerordentliche Fähigkeit für diese speziell moderne Prosa" gattung. Der Inhalt dieser kleinen humoristischen Kunstwerke, die in mehrere Sammelbände, z. B. »Studie knuke a kratSh (»Kurze und noch kürzere Studien«, 1876) oder "Zerty hrave a drave« (»Glimpfliche und schimpfliche Scherze«, 1877), vereinigt sind und in der großen Gesamtausgabe volle fünfundzwanzig Bände ausfüllen, läßt sich schwer andeuten. Ein lachender Philosoph plaudert da anmutig, oft mit einem großen Aufwand von kultur, historischen Kenntnissen über alles :mögliche: über Liebe und Ehe, Menschen und Tiere, Kirche und Polizei, Natur und Kunst, Tanz und Gesang, Küche und Keller; kokettiert schelmisch mit seinem Publikum, schmeichelt dessen Neigungen und Unsitten, aber verspottet es wiederum ganz schonungslos, beschäftigt· sich mit den alltäglichsten Banalitäten, um endli~h eine große weltgeschichtliche Perspektive zu eröffnen. Witz, Esprit, Humor, ja bisweilen auch ausgelassener und toller Übermut beherrschen diese anmutigen Kleinigkeiten, die von einer überzeugten und heißen Liebe zu dem modernen Leben zeugen. Doch diese bleibt nicht auf des Dichters Heimat und Vaterstadt beschränkt. Als er auf seinen großen Reisen Frankreich und Italien, Rom und Paris, Ägypten und Palästina, den Orient und den Norden kennen gelernt hat, berauscht er sich an der großen Vergangenheit und vielleicht noch mehr an der bedeutenden Gegenwart dieser Länder und Völker,die er mit dem klaren Blicke eines glücklichen Weltkindes und mit der scharfen Intelligenz eines guten Europäers betrachtet. Seine Reiseberichte, die in dem Sammelbuche "Obrazy z ciziny« (»Bilder aus der Fremde«, 1872) vereinigt sind, erzählen davon in einem leichten, witzigen Plauderton, der statt einer ruhig objektiven und einheitlichen Schilderung vielmehr farbensatte , impressionistische Bilder gibt. Eng hängt mit Nerudas Tournalismus auch seine kritische Tätigkeit zusammen, die sich auf sein ganzes Leben erstreckt und dem Theater, der Litteratur und den bildenden Künsten gewidmet ist. Es ist kein ästhetisch geschulter und eine feste Methode handhabender Kritiker, dem wir in diesen acht Bänden begegnen: ein tüchtiger und fleißiger Berichterstatter, ein witziger und kluger Causeur, ein treuer Diener seiner Zeit und ihrer Interessen spricht vielmehr aus diesen flüchtig hingeworfenen Referaten und liebevoll, ja nach-