374 lesensten Träumen und in der zartesten Sehnsucht lebendes Frauenwesen , das jedoch über seine eigentliche Schicksalsbestimmung, über seine Lebensaufgabe im unklaren bleibt, scheitert an der trostlosen Wirklichkeit, an den rohen Tatsachen, an der bindenden Macht der niedrigen Lebensverhältnisse. Etwas Lyrisches, ja man kann vielleicht sagen Autobiographisches ist diesen Büchern eigen; die Autorin identifiziert sich ganz entschieden mit den so unbarmherzig geknickten Frauenseelen, deren Leiden und Lieben, Sehnen und Fühlen sie in begeisterter, verschwenderischer Pracht der Sprache schildert, was einen ganz eigentümlichen, manchmal befremdenden Gegensatz zu der ironisch persiflierenden Wiedergabe der Realität bildet. . Aber schon in ihrem dritten Romane > Verwirrte Fäden~ (1900) zeigt sich ein innerer Ausgleich, eine künstlerische Klärung. Was bisher rein persönliches Erlebnis war, wird hier zum typischen Schicksale; das grausame Spiel des Zufalls wird nun zu einer gesetzmäIsigen Notwendigkeit; die Dichterjn zeigt zwar noch immer, wie das komplizierte innere Wesen des Weibes in der stillosen, alltäglichen Existenz zugrunde geht, aber dieser Weg des Schmerzes ist nun zugleich ein Weg zur inneren Vervollkommnung, zum höheren Lebensstil. In die Romane und Erzählungen der Frau Svobodova »Liebchen« (Roman 1901), »Auf den Pfaden des Herzens« (Erzählungen 1902), »Flammen und Flämmchen« (Erzählungen 1905) treten von nun an neben die Liebe, die als ein veredelnder, verklärender Faktor geschildert wird, auch neue Lebensmächte : das erhabene Heldentum des Schönheitskultus, der kühne Heroismus der Persönlichkeit, das stolze Bewufstsein der Pflicht gegen die Menschheit. Nicht immer erklingen bei ihr diese siegreichen Töne; manchmal, so in ihrer letzten Sammlung von Erzählungen »Vergebenes Lieben« (1907), zeigt sie auch die Kehrseite der moderne Liebe, ihren verbitterten Pessimismus, ihre verzweifelte Ironie, ihre tiefe Verachtung; ein wehmütiger Mystizismus der ewigen Vernichtung lagert wie eine dUstere Wolke über ihren letzten Arbeiten. Auch als Künstlerin hat sich Frau Svobodova von ihrer ersten Phase ungemein weit entfernt; diese Entfernung bedeutet zugleich ein allmähliches Reifen. In ihrer letzten Schaffensperiode stilisiert Ruzena Svobodova, der grofsen deutschen Dichterin Ricarda Huch nicht unähnlich, ihre Erzählungen gern als