- 373 der lei~enschaftlich gehalsten Gesellschaft die wildesten Vorwürfe ins Gesicht, er verabscheut die reichen Fabrikanten, die vermögenden . Bauern , die in ihrer bequemen Ordnung glücklichen Bürger, die liebesseligen Eheleute; die moderne kapitalistische Gesellschaft erscheint ihm als eine grälsliche alttestamentarische Vision von Laster, Elend, Abscheu und Niederträchtigkeit. Wo er kleine Naturskizzen oder kürzere Erzählungen bietet - die gelungensten sind in den Sammlungen »Eindrücke au~ Natur und Gesellschaft« (1894) und »Stillebenc (1898) vereinigt, und in einer guten deutschen Auswahl »Erzählungen und Skizzen« (1907) von Zd. Hostinska zugänglich - erschüttert er seine Leser durch stürmische Kraft; dagegen wirken seine formlosen ermüdenden Romane, welche gewöhnlich eine ganz spärliche Alltagshandlung auf mehreren hundert Seiten unglaublich schleppend erzählen und sie mit nichtssagenden Episoden und überfüllten Milieuschilderungen unterbrechen, nur abschreckend und abstolsend; das gilt besonders von seiner ganz unverdaulichen »Hölle« (1905), einem halb mystischen, halb naturalistischen Fabrikromane. N ur in ihren künstlerischen Anfängen hing Frau R 11 zen a Svobodova (geb. 1868) mit dem Naturalismus zusammen. Mit ungemein scharfer, sich bis in das Mark der Dinge verbohrender Beobachtungskunst studierte sie die erbärmliche, nichtige Alltäglichkeit, welche sie dann oft in verzerrender Karikatur und satirischer Groteske wiederzugeben liebte. Mit einer der naturalistischen Schule eigenen Gründlichkeit, einer geradezu wissenschaftlichen Genauigkeit erwarb sie tiefe Kenntnis der verschiedenen Gesellschaftsmilieus und Lebenskreise , in denen si~ ihre Erzählungen sich abspielen liefs. Es verrät den seltenen Mut der naturalistischen Sozialkritiker , dals sie sich mit den verschiedensten moralischen Gebrechen. mit angefaulten Institutionen, schlimmen Lebenslügen ihrer Umgebung bekannt gemacht hat. Doch mit dieser naturalistischen Methode gewansie nur den Hintergrund für ihre ersten Bücher, von denen wenigstens ihr Erstlingswerk, der Roman »Zerschellte (1896), und die feine psychologische Porträtstudie »Die überschwere Ähre« (1896) Erwähnung verdienen. Das psychologische Hauptthema dieser nervösen, krankhaft empfindsamen Bücher bildet die fast typische Lebenstragik des neuen Weibes: ein feines, in den er-