- 371 Edmond und Jules de Goncourt, noch der ironische Meister der kurzen Erzählung Maupassanthaben Schüler in der neuböhmischen Litteratur gefunden, obgleich sie allefdings flei.csig gelesen und übersetzt wurden. Zum französischen gesellt sich auch der skandjnavische Einflufs, der nach Böhmen über Deutschland gekommen war; die nordische Prosa in Böhmen hatte übrigens mehr Glück als das nordische Theater mit lbsen an der Spitze. Im Jahre 1890 wurde eine vorzügliche Sammlung unter dem nicht ganz zutreffenden Namen )Bildungsbibliothekc: gegründet, die neben französischen und englischen philosophischen Werken auch moderne skandinavische Belletrie brachte; diese fand in dem rührigen Hugo Kosterka ihren fleiIsigen un'd liebevollen Vermittler. So lernten die cechischen Schriftsteller die scharfe Gesellschaftskritik eines Kielland , den naturphilosollhischen Trotz eines Strindberg, den schonungslosen, beinahe brutalen Impressionismus eines Garborg, die dämonische Psychologie des grofsen Lyrikers Hamsun, den feinen, zaubervollen Intimismus Jakobsens kennen. Die nordischen, in Böhmen mit einer allgemeinen Begeisterung begrüfsten Lehrmeister boten manches, was man bei den französischen Naturalisten schmerzlich vermHst hatte: komplizierte Psychologie, scharf angreifende gesellschaftliche Kritik, liebevolles, ja mystisches Versinken in das geheime Naturweben, intimen poetischen Stil. Besonders Jakobsens Einflufs hat trotz der äufserst mangelhaften Übersetzungen tiefe Spuren ~graben; noch heute liebt man es, in stimmungsvoller Kleinmalerei melancholische, krankhaft sensible Träumerseelen darzustellen, wie sie die schmerzhafte Tragik des Desillusionismus erleben. Als begeisterter Vorkämpfer des russischen Realismus und des französischen Naturalismus hat sich der temperamentvolle Vilem MrHik (geb. 1863), der seinerzeit als ein enfant terrible der jungböhmischen Litteratur galt, einen Ruf erworben; seinen bedenklichen Mangel an Geschmack und an selbständigen Gedanken hat man bei seinem ersten leidenschaftlichen Auftreten übersehen. Vilem Mrstik ist ein entschiedenes Maleringenium ; sein gelungenstes Werk bleiben seine »Bildchenc: (1894), farbensatte, stimmungsvolle Landschaftsportraits und Naturschilderungen aus Südmähren, die eben durch das Verzichten auf jede Handlung einheitlich und lebendig wirken. Auch in seinen beiden grofsen 24*