- 369 verhungernde, schwindsüchtige Poet aufrichtig und wahrhaftig die gespensterhaften Greuel des herannahenden Todes, der absoluten Vernichtung in seiner »Rachsüchtigen Kantiläne~ (1897), wo er die balladische Einkleidung eines verzweifelt kämpfenden Geusen aus dem 17. Jahrhundert mit holzschnittartiger Originalität k(;msequent durchführt. Der bittere Ironiker und spöttische Satiriker Vi k tor D y k (geb. 1877) rechnet sich selbst zu der Gruppe der rechischen Dekadenten, obzwar" er den schroffsten Gegensatz zu dem hymnischen Symbolismus eines Btezina oder zu der krankhaften Gothik eines Karasek bildet. Dyks lyrisches Erstlingswerk ist ein unverhülltes, äuiserst aufrichtiges Bekenntnisbuch einer bis in ihre Wurzeln vergifteten ,modernen Seele, welche vor ihren eigenen dunkeln Instinkten, bösen Zweifeln, dämonischen Neigungen erschreckt. Dann offenbarte Dyk in seinen besten lyrischen Sammlungen ~Die Lebenskraft« (1898) und »Eitles Streben« (1900) einen ganz eigentümlichen Zwiespalt seiner Natur, in der konsequenten Ironie seines inneren \Vesens begründet. Er kann nicht lieben, noch leiden, nicht sich sehnen noch träumen, nicht anbeten noch trauern, ohne gleichzeitig sich selbst genau und scharf zu beobachten, zu zerwühlen, zu zersetzen und zu verachten. Bei jeder Gefühlsregung, bei jeder Stimmungsschwingung , bei jeder Sinnesseligkeit und jedem Liebestraum meldet sich bei Dyk der alte Mephistopheles mit seinem eisigen Lächeln, seinem trockenen Spotte, seinen sarkastischen Anmerkungen, seinen spitzen, epigrammatischen Pointen. Durch diesen interessaqten psychologischen Prozefs, in welchem sich der Dichter selbst aufreibt, wird dem Leser ein tiefer Pessimismus, ein verzweifelter Agnostizismus enthüllt. Dieser führt jedoch Dyk nicht zu müdem LebensüberdruIs, sondern stürzt den Poeten vielmehr noch tiefer in den wildesten Strudel des öffentlichen Lebens, in die ewige Tragikomödie der Menschheit; häufig findet er Gelegenheit, manche unbequeme Wahrheit zu sagen, mit litterarischer und politischer Satire aufzustacheln. Was in Dyks Lyrik rein persönliche und intime Ironie war, das wird zur sozialen und politischen Kritik in seinen beiden grofsen Zeitromanen aus der Geschichte der neunziger Jahre »Hackenschmieds Ende« (1905) und »Dezember« (1907), die bei aB ihren Jakubec·Novik, Cecbilcbe Litteratur. 24