- 363 mit dieser neuen Poesie ~wiesen hat, ist eben auch der Weg einer menschlichen und künstlerischen Klärung. Einen totalen Gegensatz zu J. S. Machar, dem klaren und scharfen Verstandesmenschen, 'bildet der verträumte und weiche Gemütsmensch Antonfn Sova (geb. 1864), sein gleichaltriger Antipode. Sensitiv und zart wie kaum ein anderer, geht er den süfsen Geheimnissen der einsamen Natur nach, betrachtet sehnsuchtsvoll, wie der weiche, blaue Nebel auf die ruhige Herbstlandschaft sinkt, wie das erste Morgenlicht die schlanken Äste der rauschenden Birken umwebt, wie der duftige Glanz des melancholischen Mondes die blühenden Wiesen und die schweigenden Friedhöfe verhüllt, wie die eisbedeckten Bergspitzen ernst und erhaben mit den Wolken 'sprechen. Aber dieser mit Jakobsen und Schlaf befreundete Impressionist, der die zartesten Schwingungen der Naturseele in seine berauschenden Verse zu bannen weHs, dieser Träumer, der die Wirklichkeit gern mit phantastischen und märchenhaften Zügen ausstattet, dieser sensitive Lyriker, dessen schmachtendes Herz von seinen Wunden nur in der stillen Einsamkeit genesen kann, fUhlt sich leidenschaftlich in das moderne Lebensgewirre hineingezogen; sehnt sich immer von neuem nach Bitternissen der krankhaften Gesellschaft; kehrt immer wieder in die modeme, schwer atmende Grofsstadt zurück. Als Sova im Jahre 1890 mit seinen »Realistischen Strophen« und seinen "Blüten der intimen Stimmungen« debütierte, malte er das moderne GrofsstadtJeben mit einem peinlichen Realismus geduldig, genrehaft und sentimental ab. Bald aber verliefs er unbefriedigt diese banal-faden Szenen, diese kleinlichen Figürchen, diese gereimten Anekdoten, die auf seine damaligen poetischen Mitbewerber - ich nenne nur den ungemein fruchtbaren, aber ziemlich belanglosen Coppee-Schüler An ton in K las t e r 5 k Y (geb. 1866), welchen die konservativen Kritiker und Litteraten gern gegen die moderne cechische Lyrik ausspielen - noch heute eine grofse Anziehungskraft ausüben. Schon sein viertes Gedichtbuch, das den bezeichnenden Titel »Mitleid und Trotz« (1894) führt, eröffnet, wenn auch noch nicht sicher und zielbewufst, eine neue Epoche in Sovas Schaffen. Während er bisher das Leben und Streben seiner Mitmenschen scheu und süfslich bemitleidete, will er es jetzt rügen und richten. Sein lyrisches Monodrama )Eine geknickte Seele« (1896) ist ein bedeutender Beitrag zur