- 362 Gift aus Judäa mit so überzeugtem Ernst, wie es ein philosophisch gebildeter Civis Romanus aus der Kaiserzeit oder zumal ein römischer Imperator, beispielsweise Diokletian, gehafst haben mag; er sieht in dem Christerrtum eine Gefahr für die grofse Lebenskultur und den erhabenen Staatsgedanken des Imperium; er verachtet das kriechende Plebejertum, das unsaubere Sektenwesen, die heuchlerische Askese, hinter der sich nur unedle Gelüste verbergen. Mit einer grofsartigen Geschichtsphilosophie, die besonders in dem tiefsinnigen Titelgedichte seines Buches ~Golgatha4: (1899) erschütternd wirkt, betrachtet er die Lehre Christi, welche erst dann gedeihen durfte, nachdem sie Satan selbst umgemodelt hatte - man mufs an die geniale Grorsinquisitorszene bei Dostojevskij denken -, und in diesem Sinne führt er die Geschichte des Christentums in den ersten Jahrhunderten vor. An diesen Gestalten von Heiligen, Päpsten und Bischöfen, an seinen Geschichten aus den verschiedensten Diözesen und Klöstern würde ein Voltaire sein Gefallen finden. obzwar sonderbarerweise ebendiese Gedichte von den christlich gesinnten Parteigenossen Machars verherrlicht werden. Dieses allerletzte Stadium der Macharschen Poesie, das jedoch seinen Anhängern als ein ganz zufälliges Intermezzo erscheint, ist von einer grorsen kulturpsychologischen Bedeutung und einer entschiedenen Wichtigkeit für die weitere künstlerische Entwicklung der cechischen Poesie. In der Zeit, da sich jede lyrische Anarchie, jede subjektive Gesetzlosigkeit, jeder verworrene Gefühlsdusel unter das Banner der Neuromantik flüchtet, bekennt sich Machar, wie die besten der zeitgenössischen Franzosen, zu antiker Harmonie, zu objektiver Gesetzmäfsigkeit, zu klarem Rationalismus; in der Zeit, wo der verlockende Wahlspruch der gotisch-christlichen Wiedergeburt jeden schleichenden Obskurantismus, jeden siechen Aberglauben, jede dekadente Willensschwäche beschützen murs, entscheidet sich Machar für das antike Heidentum, die Religion der schaffenden Kraft, des entwicklungsfröhlichen Lebens, des tätigen Willens. Es ist keine litterarische Mode, was Machar zu dieser neuen Entwicklungsphase gebracht hat; er selbst murste den nervösen Pessimismus seiner Jugend, seine schmerzhafte Erotik, seinen sozialen und politischen Nihilismus überwinden; er hat all dieses überwunden, er hat sich menschlich wie poetisch geklärt. Und der Weg, den er der neuen cechischen DichtQ.ng