Fünfzehntes Kapitel. Der Kampf .der Kritik und der Poesie um neue Lebenswerte. Das Ende des 19. Jahrhunderts in Böhmen wird durch einen geradezu dramatischen Kampf zwischen Vätern und Söhnen charakterisiert; zwei grund verschiedene Weltanschauungen prallen hier mit bisher unbekannter Heftigkeit aneinander. In dem einen Lager blicken selbstzufriedene Traditionalisten und bequeme Konservative stolz zu dem bereits erworbenen wissenschaftlichen Gut und zu dem vollends abgesehlossenen Lebenswerke der nationalen Wiedergeburt empor und reihen sich epigonenhaft an die Kulturarbeit ihrer Vorgänger an, wobei sie mit seichtem Eklektizismus und oberflächlichem Kompromifsgeist alle Gegensätze zu versöhnen suchen. Ihre Widersacher, welche die Jugend an ihrer Seite haben, sind dagegen 'scharfe Skeptiker, unbarmherzige Analytiker, grausame Kritiker, mutige Neuerer, die alle Probleme der modernen Zeit zu Ende denken, alle, auch die schmerzlichllten Fragen der Gegenwart aufnehmen und ehrlich zu beantworten streben, alte Werte umwerten, den bisher allgemein anerkannten Ideeninhalt der nationalen Existenz revidieren und nach neuem, tiefem Verhältnisse zum Auslande forschen. Wie der groIse Kampf der beiden Generationen sein Vorspiel in 'dem bedeutungsvollen, gelehrten Streite um die Echtheit der Königinhofer und Grünberger Handschrift hatte, so findet die wesentliche Scheidung der cechischen intellektuellen Welt ihr Vorbild in der Trennung der wissenschaftlichen Organisationen. Im Jahre 1882 wurde die utraquistische Universität in Prag, die dem öffentlichen Bedürfnisse nicht mehr entsprach, geteilt und dadurch wur~e die altertümliche cechische Hochschule, deren