- 344 soiialen Psychopathologie; doch während M. A. Rimacek seine Werke fern von jeder Tendenz zu halten wufste, ist Frau B. Vikova-Kuneticka eine leidenschaftliche Frauenrechtlerin, die ihre Novellistik zu eifrigster feministischer Propaganda benutzt. Von ihren ersten Arbeiten auf dem Gebiete der kurzen Erzählung und des Romans läfst sich im ganzen nichts sagen: es sind fleifsige, von der landläufigen Konvention nirgends abweichende schriftstellerische Handarbeiten, für die sich unter den Abonnentinnen der Familienblätter immerhin dankbare Leser gefunden haben. In einigen beschäftigt sich die Schriftstellerin schon mit verwickelten sexuellen Problemen, die sie mit einer naiven Einseitigkeit und einem entschiedenen Moralismus behandelt; bald aber warf sie die mit Geschick beherrschte und gut unterhaltende Romanform ganz weg, um ihres Anklageamtes gegen die Männerherrschaft und Männermoral uneingeschränkt zu walten. Ihre Bücher wie der in einer dumpfsinnlichen Atmosphäre atmende Lehrerinnenroman ~Medticka« (1897) oder ihr ~Aufruhre (1900), ein wildpathetisches Bekenntnisbuch einer sich befreienden jungen Mutter, oder endlich ~Der Herre (1906), ein verzweifelt und sinnlos stammelndes Werk von geschlechtlicher Reinheit im BjQrnsonstil, sind leidenschaftliche Konfessionen, gallerfüllte Proteste, lyrisch-epische Improvisationen mit ganz spärlicher Handlung. Die Moralisten und Sozialkritiker werden diesen Werken für manche fruchtbare Anregung Dank wissen; die litterarische Kritik muIs jedoch nur konstatieren, daIs hier ein groIser Aufwand von psychologischer Analyse, üppiger Wortkunst und lyrischem Pathos schmählich vertan worden ist. Den bösen Geist der Schwere, der die sämtlichen Werke von Svoboda und Rimacek, Laichter und Kuneticka beherrscht und der russischen Beeinflussung anzurechnen ist, hat der bewegliche Franzosenschüler Va cl a v H lad i k (geb. 1868) mit einer entschiedenen Überzeugung bekämpft und aus seiner Romanproduktion verbannt. In seinen ersten realistischen Skizzen und Novellen bemühte sich Hladik als scharfer Beobachter und kundiger Psy<;hologe die Prager Kaufmannswelt , den Prager Geldmarkt, das Prager Bankwesen zu schildern; schon damals sah er das fieberhafte Grofsstadtleben mit geckenhafter Ironie, zynischem Sensualismus, verachtendem Blick des blasierten Weltmannes. Wiederholte Reisen nach Frankreich und England,