- 343 an Phantasie und dichterischer Weihe erwies. In seinen mehrbändigen )Aufzeichnungen des Phil. Stud. Philipp Koffnek« (1892 -1896, fünf Bände), hat er den glücklich gewählten Rahmen der Lebenserinnerungen eines philosophisch beanlagten Hauslehrers benutzt, um eine sentimentale Pathologie des Prager Bürgertums zu geben und um seine recht spiefsbürgerlichen Anschauungen über Liebe und Ehe, Gesellschaft und Nationalfrage sauber und gemeinverständlich klarzulegen. Er wurde dann in einer unerträglich süfsen Novelle zum Anwalte der verführten Dienst· mädchen, in einer faden, inhaltsleeren Erzählung wiederum zum Beichtvitter der jungen weltunerfahrenen Lehrerinnen; verhältnismäfsig spät hat er sein allereigenstes Gebiet der grofsen sozialen Romane gefunden, welche nach russischen Mustern psychologische Analyse mit gesellschaftlicher Pathologie verquicken. Seine) Irrlichter der Vergangenheit< (1900) und )Hungernde Herzen< (1903) lassen, was die realistische Milieuschilderung, die analytische Ergründung der seelischen Probleme, die psychologische Untersuchung aller mitbestimmenden Faktoren betrifft, nichts zu wünschen übrig. Schmerzhafte und schwere Konflikte, in die fessellose Leidenschaften mit der öffentlichen Moral geraten, führt hier Simacek vor; doch wo er tragische Wirkungen beabsichtigt, bietet er nur peinliche Situationen; wo er philosophische Erklärungen zu geben glaubt, legt er nur einen mechanischen und materialistischen Determinismus an den Tag; etwas Schwerfälliges, Formloses, 'Onbeholfenes ist seinen anspruchsvollen Romanen immer eigen. Ein Schüler der Russen ist in seinen Romanen auch der kurzsichtige Kritiker und engherzige Moralist J 0 s e f Lai c h t e r (geb. 1864), ein weitschweifiger Prosaiker, bei dem die chronikartige Durchführung und das schwere moralische Pathos eine wunderliche Zwittergattung erzeugen; nur in rein stofflichem Interesse wurzelt die Popularität seiner Zeitchronik »Die Wahrheitssucherc (1898, deutsch von R. Saudek), die das soziale und politische Reformtreiben der cechischen Jugend aus den neunziger Jahren schildert; künstlerisch bedeutet dieses Buch soviel wie nichts. Als ein weibliches Analogon zu M. A. Simacek ist Frau Boz ena Vi k ov a-K u n iHi cka (geb. 1863) zu bezeichnen. Auch bei ihr verbindet sich das moralkritische Pathos mit der