338 protestieren, aufzustacheln; immer lockten ihn exzentrische Naturen, verbummelte Genies, verlotterte Schauspieler, trunksüchtige Poeten, bizarre Spafsmacher, dämonische Intriganten. Nie wufste er sich zu künstlerischer Ruhe emporzuarbeiten, in der er mit reifer Überlegung bilden und schaffen konnte, und so blicben seine Werke, die gewöhnlich spannend und vielversprechend beginnen, bald aber im Sande verlaufen, fragmentarische Torsos. Auch hat Arbes nie die Kunst einer einfachen, klaren epischen Erzählung gelernt: der Leser mufs sich durch zahllose, teilweise ganz fesselnde Episoden, durch weitschweifige, oft sehr alberne Dialoge, durch einen äufserst bombastischen Wortschwall durcharbeiten, bevor er zu der eigentlichen Handlung gelangt. Doch auch dann liebt es Arbes in Rätseln zu sprechen. Er erzählt unglaublich schauerliche und grausame Geschichten, holt seine Stoffe aus der Kriminallitteratur und der sozialen Pathologie, entwirft düstere und gespensterhafte Bilder und Szenerien, vermischt groteske Komik mit tragischer Ironie. Nachdem er aber diese »Romantik des alltäglichen Lebensc, wie er sie selbst nennt, bis an die Spitze getrieben, löst er seine bizarren Rätsel mit Hilfe einer materialistischen Philosophie, eines deterministischen Positivismus, einer naturwissenschaftlichen Erklärung, um die ganze Ilusion unbarmherzig zu zerstören. Als ein verspäteeter Sabinaschüler hat er den veralteten jungdeutschen Roman des Nebeneinanders fortgeführt; als ein Pflegernachahmer hat er breit angelegte, aber nie fertiggewordene soziale Romane aus dem modernen Arbeiterleben mit einem Stich ins Sozialistische geschrieben. In seinen »Romanettic (1878-1884, drei Bände), die auch sein Bestes enthalten, hat er seine homogene Form gefunden, die seiner zwitterhaften Lebensphilosophie und künslerischen Eigenart genau entspricht. Obzwar heute nur unbedeutende Zusätze zu seinem Lebenswerk hinzutreten, kanman doch kein abschliefsendes Endurteil über Arbes fällen, da die Kritik bis heute der Sichtung und Beurteilung dieses Riesenwerkes zurückhaltend und scheu aus dem Wege gegangen ist. Dagegen bieten die betriebsamen Chronisten des kleinstädtischen Lebens in Böhmen der Kritik keine Schwierigkeiten. Treu und minutiös stellen sie das beschränkte Glück der Klein· städter, ihre amüsante Albernheit, ihre kleine Lust und kleine Qual in humoristischen Novellen und satirischen Romanen dar.