335 und diese wesenlosen Erzeugnisse werden vom Publikum verschlungen und von den Zeitschriften in den Himmel gehoben! Für das geistige Leben des cechischen Volkes zeigt Rais wie einst Pravda kein Verständnis; religiöse Probleme, politische Fragen, soziale Klassenkämpfe interessieren seine schlichten Helden aus dem Volke überhaupt nicht; und doch konnte sowohl in der älteren Zeit Karolina Svetla als auch in der neueren Litteratur Stasek viele Typen religiöser Schwärmer, politischer Enthusiasten, sozialer Fortschrittler aus benachbarten Kreisen vorführen; auch Jirasek, dessen trockener Kunst das Studium des volkstümlichen Lebens neue Säfte zugeführt hat, wies auf die latenten religiösen Kräfte. In der neueren Zeit wird nun auch diesen wicMigen Fragen gebührende Aufmerksamkeit geschenkt, zumal da sie zugleich den Aufschlufs über den Zusammenhang der religiösen, vergangenen Bewegung mit der gegenwärtigen Volksseele geben. Beide Schriftsteller, Josef Holecek und Frau Tereza Novakova, die in dieser Richtung tätig sind und so dem novellistischen Volksstudium neue Bahnen gewiesen haben, fanden ihre persönliche Note verhältnismäIsig spät, nachdem sie schon jahrelang litterarisch tätig waren. J 0 s e f Hol e ce k (geb. 1853), ein Sla vjanophil vom reinsten Wasser, ist immer ein Utopist geblieben; für seine panslawistischen Träume, die in entschiedenem Gegensatze zu dem gegenwärtig in Böhmen vorherrschenden Westeuropäertum sind, macht er eifrige Propaganda als Journalist, als Politiker, als Novellist. Holecek predigt den engsten AnschluIs an den slawischen Osten, verherrlicht die Kosaken, untersucht die Lebensbedingungen im heutigen Rufsland, stellt montenegrinische Helden seinem Volke als Muster vor; ganz eigentümlich mischt sich bei ihm konservativer Traditionalismus mit fortschrittlichem Demokt:atismus, aufrichtigste Begeisterung für die russische Orthodoxie mit- der Vorliebe für die böhmische Reformation, wie er denn überhaupt zu den wunderlichsten Vertretern des panslawistischen Gedankens unter den Slawen gehört. Nicht ganz tendenzfrei ist auch sein bisher unvollendetes Hauptwerk »Die Unseren« (seit 1898 mehrere Teile), wo er in den frischesten Farben, mit zartester Poesie und köstlichstem Humor das altertümliche Volksleben -in seinem Heimatswinkel, in der nüchternen Umgebung des südböhmischen Städtchens Vodnan, übrigens der ursprüng-