- 331 eröffnet die Reihe der Schriftstellerinnen , die in den achtziger Jahren das Volksleben treu und liebevoll geschildert haben. Zu dieser Gruppe gehört vor allem Frau Gab ri el aPre iss 0 v a (geb. 1862). Mit ihren späteren konventionellen Novellen aus der feinen Gesellschaft und aus dem BauemIeben in Kärnten hat sie ihre Erstlingswerke nicht erreicht; doch als sie am Ende der achtziger Jahre mit ihren duftigen frischen :.Bildern aus der Slowakei« (1889) und zwei fast naturalistischen Dramen aus dem slowakischen Familienleben debütierte, war man einfach entzückt über ihr jugendlich überschäumendes Temperament, ihre knappe Erzählungskunst , ihre scharfe abgerundete Charakteristik, ihre anmutige, saftige Sprache; je kürzer und gedrungener ihre Novellen waren, desto stärker war ihre Wirkung; gröfsere Kompositionen dagegen mifslangen Frau Preissova gänzlich. Gleichzeitig mit ihr schilderten das slowakische Leben zwei andere Novellisten, die jedoch mehr als einfache Erzählungskunst bieten wollten, Jan Herben und Alois MrStik. Ja n Her ben (geb. 1857) ist vom Geschichtsstudium zur Journalistik übergegangen, blieb dabei aber ein temperamentvoller Slowake, ein treffsicherer Beobachter, ein scharf zeichnender Charakteristiker seines Landes und seines Volkes; die novellistische Begabung gesellt sich bei ihm zu dem ethnographischen Interesse. Aufser einigen Novellensammlungen erschien von ihm ein starker"Roman »Bis ins dritte und vierte Geschlecht« (1892); das tägliche Leben ganzer Geschlechter des slowakischen Volksstammes wird hier mit dem konsequenten Realismus geschildert und dabei werden auch die verborgenen Lebenskräfte zu erfassen gesucht. Bei aller liebevollen Detailkunst des Verfassers leidet sein Roman doch unter der fehlerhaften Komposition und unter dem Mangel an Übersichtlichkeit und bleibt im ganzen ein formloses Werk. Wie Herben ist auch Alois Mdtik (geb. 1861) ein gewissenhafter, in der Volkskunde geschulter Chronist der Slowaken, die er, dem grofsen slowakischen Pleinairist J6za Uprka nicht unähnlich, sowohl bei der Arbeit als auch bei ihren Festlichkeiten verständnisvoll und genau beobachtet; ihre Sprache und Sitten, ihre Tracht und Bewegungen erfafst er geradezu kinematographisch. Sein breit angelegtes Hauptwerk »Ein Jahr im Dorfe« (1903) bleibt ein vorzügliches Dokument der cechischen Volksseele, darf aber kaum als ein eigentliches Kunstwerk betrachtet werden.