- 321 ihm ganz fremde Weise. Nachdem er sein leben- und kraftstrotzendes Buch »Neue Fragmente der Epopöec veröffentlicht hatte, kam in der strengen und finsteren Sammlung »Fenster im Sturme« (1894) zum erstenmale ein herber, ätzender Ton zur Sprache, der auch seiner Erotik einen bitteren" peinlichen Beigeschmack gibt. Bald erklang die~ traurige Melodie ganz gewaltig in den fast allgemein unterschätzten »Liedern eines Pilgers« (1895), deren ernste Einfachheit und herbe Weisheit ganz abseits von allen seinen übrigen Dichtungen stehen und das gesamte Menschenleben mit einem unheimlichen Zauberstabe in ihren dunkeln Anschauungskreis bannen. Seither ertönen diese trüben Motive in Vrchlickjs gesamter Lyrik, die oft allzu niedrig steht. Es sind müde Bücher, in Schwarz und Grau gehalten, auf Moll gestimmt; jeder Reichtum an Bildern und sonstigem poetischen Beiwerke, alle feine Formkunst und edle Verstechnik sind aus ihnen verbannt; die einfache Weise eines schlichten Volksliedes, die klare antike Strophe müssen herhalten, um des verstimmten Dichters melancholische Klagen, elegische Erinnerungen, stoische Betrachtungen auszudrücken. Es ist freilich fast unmöglich zu erraten, wo eigentlich die Wurzeln dieser Verbitterung und Verstimmung des Dichters verborgen liegen; man wird jedoch kaum fehlgehen, wenn man annimmt, dafs die mitbestimmenden Ursachen davon auch in der ~echischen litterarischen Öffentlichkeit zu suchen sind. Der Dichter selbst würde dafür die cechische Kritik verantwortlich machen, die ihn tatsächlich nicht verwöhnt hat. Zuerst waren es panslawistisch und patriotisch gesinnte Doktrinäre, denen dieser Exotiker schon vom rein stofflichen Standpunkte aus nicht behagen konnte; es waren engherzige und pedantische Krittler von schulmeisterlichen Grundsätzen und Manieren, die an Vrchlickjs Sprach-, Vers- und Bildertechnik allerlei auszusetzen hatten; es waren hausbackene Moralprediger, die den heidnischen kühnen Erotiker am liebsten für Familien- und Schulgebrauch zugestutzt hätten. Dies konnte den Dichter allerdings nicht günstig für die Kritikerzunft stimmen; er machte aus seiner Geringschätzung der Kritiker auch kein Hehl. Dann als die Sturm- und Drangjahre der neuen Generation kamen, wo man mit allen Kräften um eine neue Welt- und Kunstanschauung kämpfte, verwarfen die ethisch gesinnten Kritiker Vrchlickjs ]akubec-Novak, Cecbilcbe Litteratur. 21