- 320 dänischen Sage geschöpfte »Lied von der Vineta« (1906), wo die brausende See, der salzige Meereswind , die alten Buchenwälder an der Ostsee die wild barbarische Handlung mitbestimmen. Doch auch diese epischen Werke sind kaum mehr als eine Reihe von grellen, riesenhaften Freskogemälden, die man ja nicht aus der Höhe betrachten darf . Jene grofse Umwandlung des Dichters zugunsten eines lebensfröhlichen, weltbejahenden Optimismus, der wir in Vrchlickys Reflexionsdichtung begegnet sind, klingt auch aus seinen lyrischen Gedichten, soweit sie des Dichters intimes Leben besingen. Wie es in jener Gruppe der freie Gedanke war, der den düsteren Pessimismus besiegte, so ist es hier die sinnlich gltickliche Liebe. V rchlickys vollblütige, sensualistische und hedonistische Liebeslieder, die aber später in eine bedenkliche Lüsternheit ausarten und den schroffsten Gegensatz zu Zeyers schwindsüchtiger, seraphischer Erotik bilden, muten wie ein Rubens in Versen an. Gern wählen sie das antike Kostüm, doch am liebsten werfen sie im wilden Übermute jedes Gewand weg, das die kraftstrotzenden, üppigen, doch edel geformten Glieder verhüllen könnte. Von diesen Schöpfungen wirken am echtesten Vrchlickys allererste Liebesbücher )Träume von Glücke (1876) und )Eklogen und Liederc (1879); doch auch jene, wo er seinem Meister Hugo nicht unähnlich, sein trautes, stilles Familienglück , haben eine ruhige, harmonische Schönheit, so besonders das Buch »Was mir das Leben gegeben« (1882). Oft zeigt dagegen seine Lyrik nur ein formales Interesse: dann feiern sein eminenter Formsinn, seine ausgesprochene Vorliebe für die schwierigsten Strophengebilde , seine erstaunliche Fähigkeit, die romanischen Versformen in cechischer Sprache treu nachzubilden, seine Neigung zum Spielerischen, Leichten, Anmutsvollen wahre Triumphe; so in zwei vollkommenen Sammlungen »Seelenmusik« (1886) und )Meine Sonatec (1893). Wilman sich einen Begriff von dieser Formkunst Vrchlickys machen, so mufs man an die Virtuosenstücke eines Theodore de Banville, des Autors der gewagten )Odes funambulesquesc denken; mufs sich der genialen Reimtechnik und Wortmusik des unübersetzbaren Edgar Allan Poe erinnern, ja sich die französischen Lyriker des späten Mittelalters vergegenwärtigen. Seit zwölf Jahren herrscht bei Vrchlicky eine neue, bisher