- 31 nur angehauchten Stimmungsliedes das Seelenleben eines ernsten, reifen, mit seinem Schicksale für immer versöhnten Mannes schildert; nur in einigen Kinderversen und volksmäfsigen Liedern regt sich ein schalkhafter, neckischer Ton. •. Julius Zeyer (l841-1901) hat sich schon in seinem späten Erstlingswerke »Der Regenbogenvogel'l (1873) dem Publikum als ein kühner, einsamer Fremdling vorgestellt, und so ist er immer geblieben, eine seltsame Ausnahme in dem cechischen Schrifttum. Aus einer reichen Prager Bürgerfamilie stammend, in deren Adern auch deutsch-jüdisches Blut zirkulierte, mufste sich Zeyer von keiner Profession fesseln lassen, konnte grofse Reisen im europäischen Westen und im Orient unternehmen; konnte seine museumartigen wertvollen Sammlungen von schönen Bibelots, altertümlichen Devotionalien und primitiven Erzeugnissen der Volksindustrie anlegen; er bildete sich durch eine breit verzweigte Lektüre, die neben der klassischen und romantischen Poesie auch o;ientalische Theosophie und katholische Mystik umfafste; er schwelgte in wunderlichen intimen, freundschaftlichen Verhältnissen, vorzugsweise mit alternden, ästhetisch veranlagten Frauen. So wurde sein Leben zu einem stolzen, einsamen Traume, den keine banale Wirklichkeit entweihen durfte, aber dem auch jeder unmittelbare Kontakt mit der täglichen Realität fehlte. Zeyer lebte viel im Auslande oder in einem weltverlorenen südböhmischen Städtchen und hatte zu den Litteraten in Prag fast keine Beziehungen; er verachtete die Politik und besonders die modernen sozialreformatorischen Bestrebungen, und so gestaltete er seine Existenz zu einem konsequenten Anachronismus, zu einem modernen Mönchtum ästhetischer Observanz. Seine Lebensanschauung war düster und pessimistisch. Zeyer hatte unter dem inneren Zwiespalt seiner komplizierten Natur schwer zu leiden; er besafs zugleich eine äufserst sinnliche Phantasie und die Beanlagung zu religiösem Mystizismus; sein leicht erregter Geist schwelgte zugleich in bunten, leidenschaftlichen Bildern eines exotischen Lebens und in den kühnen Ideen exotischer oder mystischer Erlösung. Zeyer wollte sich oft, wie der dämonische Spätromantiker Baudelaire, >anywhere out of the worldc flüchten, und so versank sein Geist in exotische Landschaften und altertümliche Zeiten, wo er sich an abenteuerlichen Schicksalen, an bunten Farben, an märchenhaften Szenerien be-