310 seine Bedeutung liegt vorzugsweise darin, dafs bei ihm die Kunsttheorie auf die Lebensgestaltung direkt reagiert. Darin gleicht er seinem Vorgänger an der Prager Universität, dem feinsinnigen Kunsthistoriker und Ästhetiker Mir 0 s I a v T y r S (1832-1884), der sein antikes Ideal von der gleichmäfsigen Entwicklung der geistigen und körperlichen Kräfte kühn ins Leben verpflanzte und durch die erfolgreiche Gründung des Cechisch· nationalen Turnerverbandes )Sokol( ()Der Falke«) ein eminentes Verständnis für die gesunde Lebenskunst und eine organisatorische Begabung an den Tag legte. Hostinskj bemühte sich als einer der ersten um die künstlerische Erziehung, er hat gediegen und taktvoll die Kunst popularisiert und so den modernen englischen Bestrebungen vorgearbeitet. Grofse Dienste hat er der modemen Programmusik erwiesen, indem er gegen die reaktionäre Kritik und das ganz ratlose Publikum tapfer für Wagner und dessen beide grofsen Anhänger in Böhmen, Smetana und Fibich, eingetreten ist. Schon deshalb darf sein Name in der böhmischen Geistesgeschichte nicht verschwiegen werden i in ihm spiegelt sich wahrlich die Lebensarbeit der kosmopolitischen Schule ab. Der langjährige Redakteur des »Lumir« I J 0 s e f V. S Ia d e k (geh. 1845), ist wohl der anspruchsloseste unter den Dichtern des Lumirkreises i nie hat er seine Begabung, die ausschliefslieh lyrisch und meditativ ist, überschätzt, nie hat er mit seinem schlichten, poetischen Talente experimentiert, nie hat er sich um die Gunst des grofsen Publikums beworben i seine vornehme verschlossene Persönlichkeit verhält sich immer scheu und zurückhaltend der Öffentlichkeit gegenüber. J. V. Sladek besitzt eine seltene geistige Kultur: an der englischen Dichtkunst hat er sich gebildet, die er seinen Landsleuten mustergültig vermittelt - ich nenne nur seine vollständige Shakespeareübersetzung, - doch hat er auch das cechische Volkslied gründlich studiert und in Celakovskys Manier nachgeahmt. Die grofsartige transatlantische Natur hat er gesehen und bewundert, und wieder die landschaftliche Eigenart seiner Heimat liebevoll beobachtet und besungen; er war eine Zeitlang ein treuer Anhänger und Schüler Nerudas und wurde später auch von Vrchlickj beeinflufst. In jeder seiner zahlreichen Gedichtsammlungen, die jetzt in einer schönen, zweiteiligen Gesamtausgabe vereinigt sind, findet man eine einfache, schlichte und doch immer rührende Poesie, die mit den zartesten Mitteln eines