304 Schaffer zeigt. Doch seine wortkarge, fast epigrammatische Technik, seine scharf geschnittene , oft beinahe an Karikatur grenzende Charakteristik, seine farbenreiche, manchmal nahezu überladene Milieuschilderung, sein knorriges, derbes Temperament, sein volkstümlicher, würziger Humor zeugen von einer urwüchsigen Künstlernatur. Sein ganzes Wesen mutet wie ein grofser Anachronismus, wie ein archaistischer Einfall der Geschichte an; dieser in sich gekehrte, gelehrte Professor, dem die gesamte Gegenwart durchaus gleichgültig und fremd ist, findet sich nur im endenden 16. Jahrhundert heimisch, wo er eigentlich hingehört. Das buntbewegte Prag des späten 16. und des beginnenden 17. Jahrhunderts ist Winters geistige Heimat; hier unter trunksüchtigen Bacchalaureaten und liederlichen Scholaren, unter verlaufenen Nonnen und gutmütigen Ratsherren, unter wilden Soldaten und schnurrigen Spafsmachern, die er besonders in »Rozina, dem Findling« (1906) und )Magister Campanusc (1907), 'von seinen älteren Arbeiten abgesehen, so vortrefflich abkonterfeit hat, lebt und webt dieser originelle Meister, der bisher den Höhepunkt der historischen Erzählung bei den Cechen bedeutet. In der Zeit, da die slawische Idee das Leben wie die Litteratur in Böhmen mächtig durchdrang, da die Politiker wie die Dichter der slawischen Wechselseitigkeit unermüdlich dienten, wurde auch in der cechischen Öffentlichkeit gröfsere Aufmerksamkeit auf das slowakische Schrifttum in Ungarn gelenkt. Auch in der ungarischen Slowakei war in der schwülen Reaktionszeit, die auf die wild aufgeloderte revolutionäre Begeisterung der slowakischen Patrioten gefolgt war, das litterarische Leben gänzlich gehemmt, und in der im Jahre 1850 orthographisch geregelten slowakischen Schriftsprache erschienen gar wenige Bücher. Erst in den sechziger Jahren rührte sich in der Slowakei wieder ein frisches, vielversprechendes litterarisches Leben. Eine neue Generation versammelt sich in einigen, die cechischen Vorbilder nachahmenden Musenalmanachen; eine grofsartig angelegte patriotisch litterarische Institution, die »Matice Slovenska« wird feierlich begründet, neue Zeitschriften treten ins Leben, mehrere slowakische Städte werden zu Mittelpunkten des geistigen W ebenso Was geschrieben und gedruckt wird, gehört noch immer der poetischen Spätromantik mit ihrer panslawistischen oder patriotisch-historischen Färbung an: der gröfste slowakische Poet, Ondrej SIadkovic,