- 302 einen ~echischen Schriftsteller kenne, so würde seine Antwort gewiIs »Jirasek« lauten. Doch die unparteiische Kritik darf sich, besonders dem Auslande gegenüber, von dieser öffentlichen Meinung nicht blenden lassen: Jirasek ist kaum mehr als eine lokale Gröfse, wenngleich seine besten Sachen den Vergleich mit Sienkiewicz gut vertragen. In seinen ersten Arbeiten, die v.orzugsweise das wüste Soldatenleben aus den verschiedenen Kriegen der neueren ~echisehen Geschichte schildern, war Jirasek ein frischer, sachlicher Genremaler, dessen Darstellung nur unter einer sprunghaften, skizzenmäfsigen Schreibart zu leiden hatte. Bald wagte er sich jedoch an gröfsere Kompositionen; die verschiedensten Zeitalter der böhmischen Geschichte, von den ersten Anfängen des Christentums bis zu der unsicheren Dämmerung der nationalen Wiedergeburt mufsten herhalten, um zu einer eigentümlichen Mischung der landläufigen Romantik mit sorgfältigem kulturhistorischem Detail den Hintergrund zu bilden. Noch sein erster, grofser Roman aus der Zeit des Hussitenturns »Zwischen den Zeitströmungen« (1887 -1892), der sich eng an Tomeks Forschung über Prag im 15. Jahrhundert anschliefst, ist ein Durchschnittsprodukt eines verspäteten Walter Scott-Schülers. Dann schlägt Jiraseks litterarische Entwicklung bald einen anderen Weg ein: er wird in seinen grofs angelegten historischen Romanen ein realistischer Kleinmaler, ein behaglicher Requisitenkünstler , ein genauer Milieuschilderer, bei dem man die praktische Kulturgeschichte ebenso leicht lernen könnte wie bei dem ihm analogen W. H. Riehl. Alles ist historisch treu und dokumentar beglaubigt: die Trachten wie die Waffen, das Schlachtenarrangement wie die Topographie der alten Städte, die Beschreibung von alten Burgen wie das Volksleben im Dorfe; in seinen besten Werken gelang es ihm auch den grofsen historischen Gesamteindruck vergangener Zeitalter genau festzuhalten. So hat er in seinen »Chodischen Freiheitskämpfern« (1886, deutsch von B. Lepaf) den verzweifelt heldenhaften Kampf des Chodenvolkes gegen die Unterdrückung der Gutsherren in einer gelungenen Vereinigung der ethnographischen und der kulturhistorischen Detailmalerei vorzüglich geschildert. So hat er in seine schwungvolle Epopöe in Prosa »Allen zu Trotz« (1896) die schwüle Kriegsatmosphäre, die um Zizka lagert, gebannt. So ist seine, in ihrer unübersehbaren