- 270 zehn Jahren dieses Buch sichtete, um es teilweise in sein umfangreiches )J3ucb der 'lerse« (1867) aufzunehmen, konnte er damit nicht zufrieden sein; er ist inzwischen ein tüchtiges Stück weitergekommen. Diese so schlicht benannte Gedichtsammlung ist ein seltsames Buch: der Dichter versucht sich da in allen Formen, öffnet sein buntes Skizzenbuch, das einen werd.enden Künstler zeigt. Als Balladist wandelt er auf Erbens Pfaden; doch mit ausdrücklicher Vorliebe verlegt er die Handlung seiner Balladen in das modeme Proletarierviertel , wo das Elend und die Verzweiflung wohnen, und klagt in diesen plastisch erzählten Alltagsgeschichten , wie man sie eben in einer Kriminalchronik zu lesen pflegt, die ihre eigenen Kinder würgende Gesellschaft schonungslos an. Auch seine patriotischen Gesänge, welche Gelegenheitsgedichte im besseren und schlechteren Sinne des Wortes sind, wurzeln noch in der älteren patriotischen Pathetik; doch sie wirken dadurch modem, dars sie sozial gefärbt sind. Was er dagegen in seinen kleinen, zart oder burschikos hingehauchten Liedern und Reimen darbringt, das zeigt schon einen echten, gereiften Künstler. Seine heifse, instinktive Liebe zu der schlichten, aber edelherzigen Mutter, sein schüchternes Verhältnis zu der Natur, seine Sehnsucht nach einem bedeutenden Lebensinhalte haben in diesen einfachen, zumeist volksmäfsigen Liedern einen originellen Ausdruck gefunden. Doch eben in dieser Zeit wirft sich Neruda in den Strudel der auf einmal wieder so hoffnungsvoll aufgeblühten cechischen Journalistik. Nach einer kurzen Tätigkeit in verschiedenen Tageszeitungen der demokratisch-liberalen Richtung trat Neruda in die Redaktion des im Jahre 1861 gegründeten grofsen Organs der jungcechischen Partei, >Narodni Listy« ein, dem er bis zum Grabe treu blieb'> Für die beiden Dichter Neruda und Halek sowie für den genialen Mu ker Smetana bedeutete das radikale und demokratische Jungcec entum, das so hervorragende Politiker und Redner wie Kar e I lad k 0 v s k y, die B r ü der J u I i u s und Edvard Gregr n seiner Spitze hatte, mehr als eine politische Fraktion; es w r für sie vielmehr eine öffentliche Vereinigung aller fortschritt, ehen Elemente in der böhmischen Nation, die dem Volke einen jneuen Lebensinhalt geben und kühnen Mutes mit allen die Ertwicklung hemmenden Traditionen, welche