Elftes Kapitel. Die Verjüngung der cechischen Dichtung durch Ualek, Neruda und ihre Zeitgenossen. Die fünfziger Jahre litten schwer unter dem Bachschen Absolutismus, welcher die sich so hoffnungsvoll regenden Nationen wiederum in das alte Geleise des vormärzlichen Österreich zu lenken wulste. Eine schwere, dumpfe Ohnmacht bemächtigte sich nach der unglücklichen Revolution aller Geister. Der cechischen Nation fehlte es nicht nur an Denkfreiheit , sondern sie vermiIste auch einen neuen Lebensinhalt ; sie dürstete nach frischen, führenden Ideen, die das kulturelle und litterarische Leben, welches in seiner freien Entwicklung gänzlich gelähmt war, befruchten könnten. Schon das stürmische Jahr 1848 hatte gezeigt, dals man den philologischen und poetischen Sprachenthusiasmus nun auch auf das Gebiet der Politik übertragen müsse, dars der utopische Panslawismus eines Kollar auch in der politischen Praxis Platz haben könnte; dals die so begeistert studierte und bejubelte vaterländische Geschichte eigentlich der Ausgangspunkt eines öffentlichen Kampfes ums Recht gegen die Regierung sein sollte. Doch die Polizei hemmte jede Regung des politischen Bewufstseins im cechischen Volke. So mufste man sich wieder in die engen Schranken des Schrifttums zurückziehen, wo man aber Schritt für Schritt gewahr wurde, dafs es mit den romantischen Ideen der Wiedergeburt zu Ende sei; man mulste sich nach neuen Gedanken, nach neuen Vorbildern, nach neuen litterarischen Werten umsehen. 17*