- 429 Aus dem Lager der Dekadenten und Illusionisten sind drei Poeten hervorgegangen, an die gegenwärtig die kühnsten Hoffnungen geknüpft werden; in der allerletzten Periode ihres lyrischen Schaffens sind sie allerdings vollblütige Vertreter der lebensbejahenden Richtung in der cechischen Poesie. Es sind Stanislav K. Neumann, Otokar Theer und Jan z Wojkowicz. Die drei ersten Versbücher Stanislav K. Neumanns (geb. 1875) wird die Zukunft ungelesen lassen, und das wird ganz gerecht sein. Ein überschäumender Sturm und Drang gärt und braust in ihren leeren Deklamationen; ein falsches Übermenschenturn macht sich in ihren arg pathetischen Strophen breit; das vorlaute Kokettieren mit dem Verfall und der Entartung ist nur gemacht und unwahr. Es ist aber auch manches Positive, das auf bessere Zukunft hinweist, darin; dem Dichter fehlt es keineswegs an rhythmischem Gefühl; er weiß zuweilen der ödesten Alltäglichkeit poetische Töne abzulocken; er hat ein feines Ohr für das Sausen des Webstuhls der Zeit und vermag manchmal dasselbe in seinen Gedichten wiederzugeben. Neumann besaß schon damals den Mut des Widerspruches, der für ihn so bezeichnend ist: inmitten der feinen Aristokraten predigte er die soziale Revolution; den katholischen Neuromantikern gegenüber verherrlichte er einen lebensfrohen Paganismus, dem allerdings der damals moderne Wahlspruch des Satanismus angehängt wurde; anstatt der archaisierenden Kultur seiner lyrischen Genossen fand man bei ihm Begeisterung für die Gegenwart, für das moderne Leben, für die neue, teilweise noch rohe und wilde Schönheit der Großstadt, der Industrie, der Maschinen. Nachdem er sein robustes Talent von verschiedenen Modehüllen und Schlacken befreit hatte, gab er zwei grundverschiedene Bücher heraus: )Satanova slava mezi nami« (»Satans Ruhm unter uns«, 1897) a »Sen 0 zastupu zoufajicich« (»Ein Traum von der verzweifelnden Schar«, 1903). Jenes ist ein Hohelied der Sinne und der Lust, ein freies und frohes Buch, wo viel gelästert und geflucht, aber auch viel gelacht und getanzt wird, frei nach Zarathustras Vorschrift. Dieses ist eine düstere, manchmal großartige Vision der sozialen Aufrüttelung und Erschütterung, unbarmherzig, grell, jedoch keineswegs pessimistisch, mit gelungenen Anklängen an Verhaeren und Whitman, tapfer erlebt und wuchtig besungen. Bei dem reifen Neumann bedeutet das Wort erlebt so viel als