- 408 Pädagogik war seine Wirkung nachhaltig. Von seinen Mitarbeitern steht ihm der Pädagoge Frantisek Drtina (geb. 1861) am nächsten; dieser klare, historisch veranlagte Geist, welcher die Humanitätsideale nie aus den Augen verliert, betont stets nachdrücklich die entwicklungsgeschichtlichen und sozialen Pflichten der Erziehungslehre und berührt sich darin mit zwei älteren vorzüglichen Forschern und Praktikern, mit G u s t a v A d 0 lf Lindner (1818-1887) und Josef Ulehla (geb. 1852), die den Übergang von Herbart zu Spencer ehrlich und tapfer durchgemacht haben. Auch die Psychologie, die ganz abseits von Masaryks Interessen liegt, hat diese Loslösung von der langjährig vorherrschenden Herbartschen Lehre erleben müssen: darin liegt die Bedeutung des konsequenten und unerbittlichen Positivisten Fra n t i se k Kr e je i (geb. 1858). Die ersten Schritte dieses entschiedenen Freidenkers mußten befreiend wirken: er stellte die wissenschaftliche Seelenkunde auf streng empirische Grundlage; er emanzipierte die Sittlichkeit von der Religiosität; er predigte die soziale Ethik. Doch später erkannte die jüngere Generation auch die Nachtseiten seiner Weltanschauung, die in ihrem trostlosen Agnostizismus, in ihrer mechanischen Erklärung der psychologischen Erscheinungen, in ihrem dogmatischen Materialismus bedrückt und beängstigt. Der idealistische Rückschlag gegen solchen trüben gedanklichen Naturalismus knüpft sich an den Namen des Physiologen Frantisek Mares (geb. 1857), eines Bewunderers des deutschen Idealismus und eines feinsinnigen Noetikers; in ihm sehen die Jüngsten ihren philosophischen Führer. Von Masaryks Schülern war der frühverstorbene Hub e:r t Gordon Schauer (1862-1892) der unabhängigste; er hat aber Masaryks philosophische und soziale Ideen als Kritiker in die schöne Litteratur eingeführt. H. G. Schauer war eine problematische Natur, eine kranke Seele, ein verzweifelter Denker; er wußte selbst nie, ob er sich für cechische oder deutsche Nationalität entscheiden sollte; er schwankte fortwährend zwischen Wissenschaft und Journalistik, zwischen Nationalökonomie und Kritik; der ewige Streit der positiven Philosophie und des Christentums war für ihn stets eine Herzenssache. Dieser in den erbärmlichsten Verhältnissen lebende, an Schwindsucht hinsiechende Bohemien sehnte sich nach einem inhaltsschweren Leben, nach einem ge-