- 385 mäßigkeit der Kleinstadt hat sie sich zum herben, ernsten Alltagsleben der eigenartigen ostböhmischen Weber und Bauern geflüchtet; die Volkskunde hat sie zum Studium sowohl äußerer als auch innerer Lebensart des Landvolkes gewiesen; die Beschäftigung mit der vaterländischen Geschichte lenkte ihre Aufmerksamkeit auf die intimen Wurzeln der cechischen Reformation im Volksgeiste ; K. Svetla, von der sie ihr sachlicher Realismus scheidet, lehrte sie, in dem Volke nach großen geistigen Individualitäten, nach vollblütigen Persönlichkeiten zu pürschen. So entstanden ihre Monographien der ostböhmischen Vol~sseele, die tapfer, ehrlich und rücksichtslos die religiöse Wahrheit, die politische Freiheit, die soziale Gerechtigkeit sucht und sich in diesem schicksalsschweren Wahrheits- und Freiheitsdrange verzehrt. Einmal ist es der böhmische Emigrant »Jan Jilek( (1905), der in Berlin stirbt; dann ein starrköpfiger Sektierer, der Weber »Jifi Smatlan( (1906), welcher als sozialdemokratischer Schwärmer endet; oder - in dem Buche »Na Librove grunte< (»Auf dem Bauernhofe Libra«, 1907) - ein rechtschaffener, aufgeklärter Bauer, dessen intimes Liebes- und Familienglück eng mit der politischen Geschichte von 1848 verwoben ist; endlich ein schwärmerischer Patriot aus dem Piaristenorden "DrasarC' (1913), welcher überalSchiffbruch erleidet, seine priesterliche Würde sowie sein Lehreramt verläßt, um in einem weltfremden ostböhmischen Bergdorfe unter den ärmsten Landleuten die Erlösung seiner wild aufflackernden Sinnlichkeit und endlich ein tragisches Ende zu finden. In ihrer größten Komposition, »Deti Cisteho ziveho« (»Kinder des reinen lebendigen Geistes(, 1909), hat Tereza Novakova mit der einfachen Form der novellistischen Monographie gebrochen: um den erschütternden Niedergang der pantheistischen Sekte der »Adamiten« allseitig zu schildern, schuf sie eine breite Epopöe einer ganzen Gegend, eines großen Stammes, zeichnete mit wuchtigem Pinsel eine reiche Galerie von Volks typen, die sich gegenseitig ergänzen und ein erhaben düsteres Trauerspiel des verzweifelten Kampfes des freien Gedankens gegen die niedrigen Ränke der sinnlichen Weh agieren. Die wortkarge, gedankenschwere und scharfe Kunst von Tereza Novakova überzeugt durch ihre männliche Wucht und ihren mutigen ·Wahrheitssinn, was man von den meisten Arbeiten ihrer männlichen Kollegen nicht eben behaupten könnte. Und diese tüchtige Meisterin der J akubec-Novltk, Cechlsche L1tteratur 25