- 374 ihm sowohl erschütternde Tragik als auch übermütige Faschingslaune empfinden; man wird sich bei ihm an verschiedene fremde Urbilder von Euripides bis Corneille, von Calderon bis Sardou, von Hugo bis Scribe erinnert fühlen: doch im ganzen wird man selten von großer dramatischer Kunst bei Vrchlicky sprechen dürfen. Sie beherrscht die ersten zwei Teile seiner gewaltigen, das attische Drama nachahmenden Trilogie ~Hippodamie« (1889 -1891, deutsch von Ed. Grün 1892), die man in Begleitung von Fibichs Musik genießen kann: wie herrlich sind die wuchtigen Charaktere der Nebenpersonen entworfen; welche lyrischen Schönheiten berücken den Zuschauer mit ihrem zarten Zauber oder mit ihrer düsteren Stimmung; welche Lebensweisheit strömt aus den machtvollen chorischen Partien, von welchen die gesamte Handlung begleitet wird! Allerdings hält sich das Ganze keineswegs auf dieser Höhe: die beiden Hauptpersonen, die leidenschaftliche Hippodamie und ihr schuldbeladener Mann Pelops, sind verzeichnet; manches dankbare Motiv blieb unbenützt; der abschließende dritte Teil ist überladen und artet in ein tristes Intrigenstück aus. Unter diesen Schwächen leiden auch Vrchlickys Tragödien aus der Premyslidenzeit, unter welchen das Trauerspiel ~ BraUi« (~Die Brüder«, 1889) am höchsten steht. Dagegen werden Vrchlickys zahlreiche und meistens treffliche Lustspiele mit Unrecht unterschätzt. Antike Stoffe hat V rchlicky in denselben ebenso geistreich verwertet wie feine Motive aus der einheimischen Geschichte und Sage: den stimmungsvollen lyrischen Zauberer, welcher besonders im Bereiche der Liebe glücklich waltet, begleitet hier der ausgelassene, geistreiche Schalk, dessen Humor nicht nur unterhaltend, sondern auch erhebend wirkt. Nur ein einziges Werk, ~Noc na Karlstejne« (:»Eine Nacht auf dem Karlstein«, 1885), eine frische Komödie mit Verkleidungen aus dem Leben Karls IV., hat sich auf dem Repertoire erhalten. Als Dramatiker hat V rchlicky, der sonst überall ein magnus parens gewesen, weder eine Schule gebildet, noch die Schauspieler, die sich doch stets mit seinen Stücken beschäftigen mußten, für eine stilgemäße Darstellung des Versdramas erzogen. Erst das realistische Genre aus dem Volksleben hat das cechische Schauspiel verjüngt und ihm neue Kräfte zugeführt.