308 es ist vielmehr eine durchdringende Analyse der Frauenseele, ein aus Krämpfen und Tränen geborenes Buch, ein unbarmherziges Inferno der leidenschaftlichen Erotik. Doch Pfleger war kaum mehr als ein Anreger; seine Romane sind eher kühne Versuche als vollendete Kunstwerke; seine Helden sind keine Typen, sondern nur Schemen. Seine Romantechnik hat er von Spielhagen, dessen »Problematische Naturen~ besonders in seinem »Verlorenen Leben« stark nachklingen, gelernt; in seiner Sentimentalität, in seiner gefühlvollen Humanität, in seinem fast rührenden Frauenkultus blieb er jedoch immer ein blasser Epigone der Spätromantik, dessen gebrechliches Schifflein, das mit den schwarzen Segeln des Pessimismus auf dem wild aufbrausenden Meere der bewegten Zeit einhersegelte , doch nicht zu dem unsicher, aber sehnsuchtsvoll ersehnten Gestade des modernen Realismus gelangen sollte. Die jüngeren von Pflegers Zeitgenossen konnten sich von der abenteuerlichen Romanhaftigkeit mit ihrer wilden Handlung, mit ihrem romantischen Beiwerk, mit ihrem sensationellen Beigeschmacke nicht losmachen; realistische, dem modernen Leben entnommene Züge und naturalistische Schilderungen mußten bei ihnen das romantische Thema verdecken. Zu dieser bedenklichen Zwittergattung , welche die jungdeutsche Schule zur Blüte gebracht und ihr mit dem journalistischen Charakter auch die sprachliche Stillosigkeit eingeprägt hatte, gehören fast alle Werke von Jak u bAr be s (geb. 1840), die gegenwärtig in einer großen Gesamtausgabe erscheinen. Jakub Arbes, ein Prager Vorstadtkind , dem das Landleben immer fremd geblieben ist, hat eine techniSche Fachbildung genossen, die seine unhistorische, naturwissenschaftliche, positivistische Lebensauffassung erklärt und ihn von seiner Umgebung genau unterscheidet; auch hat er den liberalen Journalisten und den jovialen Bohemien seiner Frühzeit nie verleugnet. Immer fühlte er sich zu dem politischen und sozialen Gewirre, zu den sozialistischen und polizeifeindlichen Händeln hingezogen; immer juckte es ihn, zu agitieren, zu protestieren, aufzustacheln; immer lockten ihn exzentrische Naturen, verbummelte Genies, verlotterte Schauspieler, dämonische Intriganten. Nie wußte er sich zu künstlerischer Ruhe emporzuarbeiten, in der er mit reifer Überlegung bilden und schaffen konnte, und so blieben seine Werke, die gewöhnlich spannend